Was treibt eine Freilaufkatze auf ihren Streifzügen? Wir verraten

Tagebuch einer Freilaufkatze

Katzenbesitzer wüssten liebend gern, was ihr Freilauftiger den ganzen Tag treibt. Studien in England, Deutschland und den USA haben interessante Ergebnisse erbracht.

Das fragen sich nicht nur Besitzer von Freilaufkatzen, sondern auch Wissenschaftler, die deshalb Katzen mit Mikrosendern und kleinen Fotoapparaten ausgestattet haben. So auch Roger Tabor, britischer Verhaltensforscher. Für seine Studie führte er 3000 Befragungen von Katzenbesitzern durch, legte neun Katzen einen GPS-Sender und drei weiteren eine Mini-Cam an. Heraus kamen 768 Stunden GPS-Bewegungsdaten und 150 Stunden Katzenvideos. Roger Tabor staunte nicht schlecht, als er die Videos auswertete, denn so manches, was allgemein als typisches Katzenverhalten angesehen wurde, gilt zwar noch immer für Land-, nicht aber für Stadtkatzen. Das betrifft zum Beispiel ihren Tagesrhythmus: Während Landkatzen vor allem dämmerungs- und nachtaktiv sind – weil dann ihre Beutetiere unterwegs sind –, haben sich viele Stadtkatzen an den Lebensrhythmus ihrer Menschen angepasst: Tagsüber sind sie aktiv, nachts wird geschlafen – und zwar in den meisten Fällen im Bett ihrer Besitzer! 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie fast jede Nacht ihr Bett mit ihrer Katze (oder auch mehreren) teilen.

 

„Dann geh ich eben zum Nachbarn und lass mich dort etwas verhätscheln und füttern.“

Katzen in Ihrem Revier

Auch was das Revierverhalten betrifft, gibt es keine eindeutigen Muster mehr. Nicht jede Katze patrouilliert nächtens entlang ihrer Reviergrenzen. Stattdessen verbringen viele Katzen prozentual mehr Zeit innerhalb ihres Reviers, also dort, wo sie sich wohlfühlen, zum Beispiel im eigenen Garten, sofern sich ihr Besitzer dort öfter aufhält. Ist dem nicht so, ist die Verweildauer der Katzen entsprechend geringer.

„Dann geh ich eben zum Nachbarn und lass mich dort etwas verhätscheln und füttern“ – so scheinen einige Katzen zu denken, wie eine Studie der Universität Georgia ergab. Wissenschaftler statteten 60 Katzen mit „KittyCams“ aus und überführten auf diese Weise so manche Naschkatze. Die meisten Katzen legten allerdings selbst Pfote an und gingen auf die Jagd. Durchschnittlich fielen den Jägern ein bis zwei Tiere pro Nacht zum Opfer – zumeist Mäuse, aber auch Eidechsen, Würmer, Käfer und Vögel. Lediglich ein Fünftel der Beute wurde verzehrt, der Rest liegen gelassen oder dem Besitzer vor die Tür gelegt. Dieses Verhalten kommt vor allem bei Weibchen vor, denn es stellt eine Ersatzhandlung für die Versorgung und Ausbildung der Jungen dar.

Nachts sind alle Katzen grau

Geschockt waren die amerikanischen Forscher, wie viele gefährliche Situationen ihre Probanden überstehen mussten. Die Hälfte der Freilaufkatzen lieferte abenteuerliche Szenen, wie sie mehrfach zum Teil stark befahrene Straßen überquerten. Ein Viertel der Tiere hatte Auseinandersetzungen mit Artgenossen, und ein Fünftel vertrieb sich die Zeit damit, Kellerschächte, Gullys und Ähnliches zu erforschen. Dabei blieben sie des Öfteren stecken! Wahrscheinlich ist es besser, wenn wir gar nicht so genau wissen, was unsere Katzen alles erleben, denn dann hätten manche bestimmt keinen Freilauf mehr.

In der Nacht ist davon sowieso abzuraten, denn die Gefahr, von einem Auto überfahren zu werden, ist ungleich höher. Das spielt den Stadtkatzen in die Pfoten, die ja sowieso immer häufiger am Tag unterwegs sind. Am Abend machen sie es sich lieber neben Frauchen auf dem Sofa gemütlich und lassen sich vom Fernseher berieseln. In den Werbepausen futtern dann – laut den Ergebnissen der britischen Studie – 27 Prozent der Katzen nicht etwa Dosenfutter, sondern bekommen ein Häppchen von dem ab, was gerade auf dem Tisch steht.

10 Tipps für den Freigang

  1. Katzen sollten sich gut eingelebt haben, bevor sie erstmals Freigang erhalten
  2. ein Halsband stellt ein Risiko dar, da Katzen damit hängen bleiben können
  3. Freilaufkatzen benötigen ausreichenden Impfschutz
  4. Kennzeichnen Sie Ihre Katze mit einem Mikrochip
  5. Machen Sie Fotos von der Katze, falls sie entläuft
  6. Kontrollieren Sie das Fell regelmäßig auf Parasitenbefall
  7. Zur Sicherheit sollten Katzen in der Nacht besser zu Hause bleiben
  8. Lassen Sie die Katze regelmäßig entwurmen
  9. Kastrierte Tiere sind weniger stark in Kämpfe verwickelt
  10. Verwenden Sie keine „Chemie-keulen“ im Garten

Katzen hinterlassen ihre Duftnoten

Egal ob am Tag oder in der Nacht, wenn Katzen durch ihr Revier streifen, hinterlassen sie immer wieder ihre Duftnoten. Das ist auch der Hauptgrund, warum fast alle Katzen regelmäßig Nachbargärten aufsuchen, denn dort stecken sie ihr Revier ab. Außerdem verrichten sie zum Ärgernis mancher Nachbarn dort auch ihre Notdurft, denn ihren eigenen Garten benutzen sie nur ungern als Katzenklo. Wer diesbezüglich Ärger hat, kann es einmal mit einem Katzenklo oder kleinen Sandkasten direkt am Gartenzaun probieren.

Eine weitere Möglichkeit ist, den Garten katzensicher einzuzäunen, doch dieses Projekt ist aufwendig und wird nur von wenigen Katzenbesitzern umgesetzt. Sie hoffen auf das Verständnis der Nachbarn und bieten ihren Katzen die große Freiheit, die diese auch reichlich nutzen. Es gibt allerdings Unterschiede, wie der deutsche Professor Paul Leyhausen in seinen jahrzehntelangen Studien feststellte: Potente, liebeshungrige Kater können auf dem Land ein Streifgebiet von bis zu sechs Quadratkilometern haben, während manche Großstadtkatze sich nicht mehr als 100 Meter von ihrem Zuhause entfernt.

 

„Viele Katzen haben sich eine Strategie zurechtgelegt und folgen einem klaren Zeitplan.“

Timesharing im Revier

Äußerst spannend ist es, wie die Rangordnung geregelt ist, vor allem in der Stadt, denn aufgrund des geringeren Platzangebots überschneiden sich die Reviere dort häufig. Viele Katzen haben sich deshalb eine Strategie zurechtgelegt und folgen einem klaren Zeitplan. Damit man sich möglichst wenig begegnet, überprüfen sie, wann andere Katzen durchs Revier streifen, und schlagen dementsprechend eine andere Tour ein oder planen ihre eigene zeitlich so, dass ein Aufeinandertreffen unwahrscheinlich ist.

Passiert dies doch einmal, gibt es nach den Beobachtungen von Professor Leyhausen mehrere Szenarien: Sehr beliebt ist erst einmal das Starren, das kaum jemand so gut wie unsere Katzen beherrscht. Schnell ist eine halbe Stunde vergangen, bis sich eine aufrafft und unbeeindruckt den Rückzug antritt oder in einer etwas flotteren Gangart an der anderen vorbeimarschiert. Versteht man sich nicht so gut oder hat gerade einen schlechten Tag erwischt, erfolgt Imponiergehabe mit entsprechendem Fauchen, Fellsträuben und Katzenbuckel. In den seltensten Fällen kommt es zum Kampf oder zur Vertreibung des Gegenübers. Sollten Sie einmal erleben, dass Ihre Katze von einer anderen bis in Ihr Haus verfolgt wird, dann verscheuchen Sie den Eindringling sofort! Denn hierbei handelt es sich um einen schweren Übergriff, der im echten Leben die Vertreibung aus dem Revier bedeuten würde. Belohnen Sie die „liebe Nachbarskatze“ keinesfalls mit einem Leckerli, sondern zeigen Sie ihr, wo der Ausgang ist!

Sie können auch miteinander

Trotz aller Strategiespielchen und Revierstreitigkeiten – viele Katzen können auch sehr gut miteinander. Professor Leyhausen beobachtete immer wieder ein friedliches Zusammentreffen von Katern, das er „Bruderschaft der Kater“ nannte. Ein ähnliches Verhalten konnte die Schweizer Forscherin Rosemarie Schär bei weiblichen Katzen beobachten. Und auch die Studien des Briten Roger Tabor bestätigten, dass Freundschaften gar nicht so selten sind: 24 Prozent der überprüften Tiere waren mit der Nachbarskatze befreundet, ein Trend, der möglicherweise noch weiter ansteigt, weil aufgrund der lecker gefüllten Näpfe Revierstreitigkeiten immer seltener notwendig sind.

TEXT Thomas Brodmann // FOTOS Fotolia

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