Kate Kitchenham stellt in Ihrem Hunde-Ratgeber 50 Ideen für Hundespiele mit nur 5 Hundespielzeugen vor. Wir sprachen mit ihr. Hier das Interview lesen.
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„Spielekiste für Hunde“ von Kate Kitchenham

Ob Geschicklichkeitsspiel, Versteckspiel, Such- oder Nasenspiel – 50 Spiele dieser Kategorien können Sie mit nur 5 verschiedenen Hundespielzeugen realisieren. Wie das geht erklärt Kate Kitchenham in diesem Beitrag.

Kate Kitchenham hat Kulturanthropologie und Zoologie mit dem Schwerpunkt Verhaltensforschung studiert und zum Thema „Lebensbegleiter Hund – Motivation zu Hundehaltung“ abgeschlossen. Im ZDF steht sie als Moderatorin und Expertin in der Sendung „Der Haustiercheck“ vor der Kamera. Als Autorin hat sie bereits acht Hunderatgeber veröffentlicht. In Ihrem neuesten Buch „Die Spielekiste für den Hund“ stellt sie mit nur 5 Spielzeugen 50 Geschicklichkeitsspiele, Versteckspiele, Such- oder Nasenspiele vor – für drinnen oder draußen, jung oder alt. Fritz & Anna-Autorin Sabina Pilguj sprach mit ihr.

In Ihrem neuesten Buch „Die Spielekiste für den Hund“ möchten Sie Hundehalter motivieren, mit ihren Hunden zu spielen. Wenn ich beim Gassigang oder auf der Hundewiese Hundebesitzer beobachte, sehe ich meistens Menschen, die nur hin­ter ihren Hunden herlaufen, oder auf dem Smartphone herumtippen. Warum ist das so, haben die Erwachsenen verlernt zu spielen?
Leider ist das tatsächlich häufig der Fall. Dabei macht Lachen gesund und glücklich und Hunde sind eigentlich die idealen Überträger von guter Laune! Aber auch Hunde verlernen mit der Zeit zu spielen. Am Anfang versuchen sie den Menschen zur Al­bernheit zu überreden – aber wenn dieser kaum darauf eingeht, lassen sie es irgendwann blei­ben. Der Spaziergang wird so zur Pflichtübung und ein vergleichsweise einsames Erlebnis, bei dem jeder seinen „Verpflichtungen“ nachgeht: Der Hund darf schnuppern und sein Geschäft erledigen, der Mensch checkt derweil Emails. Viel Zusammengehörigkeit lässt sich da leider nicht mehr erkennen. Die Freude am Spiel bei Mensch und Hund wieder zu wecken, kann deshalb oft ein bisschen dauern – weil wir ja auch Lust darauf haben müssen. Für viele Men­schen ist es einfacher, ein Leckerchen zu werfen statt in Bewegung zu kommen und sozial zu reagieren. Aber wenn wir uns zu Beginn zum Beispiel täglich ganz kurz etwas Lustiges ein­fallen lassen, kann damit nach und nach die Freude am Spiel wiederentdeckt werden. So können kleine Aktionen der erste Anstoß zu mehr Spaß im Zusammenleben sein.

Warum finden Sie das achtsame Spielen mit den Vierbeinern so wichtig? Was macht es mit dem Hund? Und welche positiven Nebeneffekte hat es, miteinander zu spie­len?
Spielen bringt uns einander näher! Wir lernen uns auf einer neuen Ebene – der spielerischen – neu und viel besser kennen! Wenn wir mit Freunden oder unseren Kindern zum Beispiel ein neues Brettspiel spielen, dann lernen wir sehr viel über die Persönlichkeit, die uns da gegenübersitzt: kann sie gut tricksen, uns zum Lachen bringen? Wo liegen ihre Stärken und Schwächen? Auf der spielerischen Ebene be­gegnen wir einander zwangloser und freund­licher – und das fühlt sich verdammt gut an! Genauso ist es mit einem Hundefreund: albern sein, sich gegenseitig jagen, spielerisch um einen Gegenstand „streiten“, mal verlieren und mal gewinnen – wir müssen über den Hund und uns selber lachen und das sorgt für gute Ge­fühle. Schuld daran haben Glücksbotenstoffe, die parallel ausgeschüttet werden – und unter anderem dafür sorgen, dass wir diese positi­ven Momente mit unserem Gegenüber fest in Verbindung bringen. Das stärkt das Zusam­mengehörigkeitsgefühl und stärkt die Bindung für alle anderen Lebensbereiche. Wir werden einfach zu einem unschlagbar guten Team und haben ganz nebenbei viel mehr Spaß im Leben.

Wenn ein Hundehalter noch nie wirklich mit seinem Hund gespielt hat, wie kann man ein Spiel beginnen?
Am Wichtigsten ist, dass wir auch Lust haben zu spielen. Hunde merken sofort, wenn wir uns verstellen – und spielen dann zaghaft und unsicher mit. Wir lieben Hunde auch deshalb, weil sie immer authentisch sind und sich nicht verstellen. Wichtig sind schöne gemeinsame Momente: wenn man ein absoluter Spielmuffel ist, kann man zum Beispiel auch Spaß mit dem Hund haben, indem man einfach nebeneinan­der sitzt und einen Sonnenuntergang genießt. Für alle anderen gilt: Spielen macht Spaß und alleine das ist ein Grund, es wieder öfters zu versuchen. Wichtig für ein entspanntes Spiel mit dem Hund ist, dass wir uns auf Augenhöhe be­wegen und auch mal unsere Position vergessen. Wir brauchen wirklich keine Angst zu haben, dumm dazustehen – im Gegenteil! Denn zum echten Spiel gehört der ständige Rollenwechsel. Das bedeutet, dass wir mal verlieren, mal ge­winnen, mal unten liegen und mal oben stehen – Hunde lieben souveräne Führungskräfte mit Humor, die nicht ständig das Gefühl haben, sich behaupten zu müssen!

In Hundehaltergesprächen heißt so oft, dass Zerrspiele Hunde aggressiv machen können und das Spiel mit der Reizangel den Jagdtrieb bei Jagdhunden fördert. Können Sie dieses Vorurteil ausräumen?
Entscheidend ist das Wie: Wenn ich nur zerre oder nur den Ball werfe oder nur mit der An­gel hetze, dann handelt es sich eben nicht um ein Spiel, sondern um einseitiges Fixieren des Hundes auf nur einen Bewegungsablauf, der selbstbelohnend ist und deshalb irgendwann süchtig macht. Ein wichtiges Kriterium für echtes Spiel ist der ständige Wechsel verschie­denster Bewegungsabläufe! Beobachten Sie mal vertraute Hundekumpels beim ausgelassenen Spiel auf der Hundewiese – da wird sich gejagt, gegenseitig erlegt, dann wird sehr körperbetont gerauft, gekämpft, manchmal kurz gestritten und wieder gejagt, … so wechseln sich alle Ele­mente des „echten Lebens“ im Spiel ab, Mono­tonie gibt es nicht. Genau das sollten wir uns für unser Spiel mit dem Hund abgucken und nichts von alledem extrem, sondern immer in Maßen und angepasst an die Hundepersönlichkeit und Rasse spielen.

Manchmal sehe ich bestimmte Hunderas­sen, die extrem Ball- oder Stöckchenfixiert sind und nur darauf warten, wieder loszu­rennen, um Ball oder Stock zu apportieren. Es scheint so, als würden diese Hunde nie­mals ein Ende finden. Ist das wirklich noch Spiel und Spaß?
Nein, hier handelt es sich um monotone Be­wegungsabläufe, die an ein Belohnungssystem gekoppelt sind: beim Hinterherrennen werden Botenstoffe wie Dopamin ausgeschüttet, die mit der Zeit süchtig machen. Der Mensch wird zur Ballwurfmaschine, der Hund verliert das Interesse an seiner Umwelt, an Artgenossen, interessiert sich nur noch für den nächsten Wurf, um „Hetzen“ und „Fangen“ zu dürfen – wie ein Junkie, der irgendwann nur noch für den „nächsten Schuss“ lebt. Leider sieht man dieses Bild tatsächlich immer noch sehr viel auf der Hundewiese, ohne dass den Menschen klar ist, was hier eigentlich im Hund passiert. Der Hund hat vergrößerte Pupillen, langgezoge­ne Lefzen und springt aufgeregt wedelnd und kläffend vor dem Menschen auf und ab – das wird dann als „Spaß“ fehlgedeutet und mit dem herbeigesehnten Werfen belohnt.

Wie oft spielen Sie mit Ihren Hunden?
Ganz oft spiele ich, mein Mann oder meine Kin­der einfach albern mit unseren Hunden – wir lassen sie ganz bewusst die Gewinner sein und stellen uns auch ungeschickt an. Hunde müssen sich auch mal toll und schlau fühlen dürfen, nicht nur wir Menschen! Auf diese fröhliche Art und Weise bekommen wir einen Hund, der mitdenkt, Probleme als Herausforderung sieht und von sich aus Spaß am Lernen hat. Er leistet immer mehr, die Herausforderungen können wachsen – er kann ein unglaublich ho­hes Ausbildungsniveau erreichen, mit dem man übrigens herrlich auf der Hundewiese angeben kann. Auch das macht Spaß – einen Hund zu haben, der aus reiner Freude an der sozialen In­teraktion etwas leistet, statt für ein Leckerchen – für mich ist das die schönste und ehrlichste Form der Freundschaft mit einem Hund.

Vielen Dank für das Interview.

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