Einen frei herumlaufenden Hund wird man nur noch selten auf der Urlauberinsel sehen, da diese rasch eingefangen und in das städtische Tierheim (Perrera) gebracht werden. Die Tierheime auf Ibiza sind immer voll, viele Hunde werden auch einfach von ihren Besitzern abgegeben, weil sie lästig oder unbequem geworden sind. Zum Glück finden einige dieser Hunde zu den Tierschutzorganisationen auf Ibiza, um so vor dem Einschläfern gerettet zu werden. Eine der Tierschutzorganisationen ist TINI e.V.
TINI e.V. – Engagement statt Ruhestand
Gegründet wurde der Tierschutzverein von dem deutschen Ehepaar Barbara und Carlos Nowotny. Eine „Hundevilla“ war nie geplant, denn das Haus auf Ibiza wurde vor 18 Jahren erworben, um den wohlverdienten Ruhestand mit Blick aufs Meer zu genießen. Der selbstständige Architekt und die Balletttänzerin und Inhaberin einer renommierten Ballettschule hatten geplant, auf Ibiza das Leben in Ruhe zu genießen und Dinge zu tun, die ihnen ihr Berufsalltag selten erlaubt hatte. Der Plan ging aber nicht ganz auf, denn bei der Fahrt zum Einkaufen ins nächste Dorf wurde ein am Straßenrand lebendes Hunderudel entdeckt. Es waren halb verhungerte spanische Jagdhunde. Beim Abendessen bekam Frau Nowotny kaum einen Bissen herunter. „Mir verging der Hunger, ich kann doch hier nicht sitzen und essen, und die Hunde da unten müssen hungern.“ Um den Tieren täglich helfen zu können, wurde eine Fütterungsgruppe gegründet.
Hilflose Hunde erobern den Ruhesitz
Es kam, wie es eben kommen musste: Bald schon zog das erste arme Tier bei der Familie ein. Schnell erkannte man, dass die Anzahl der aufgenommenen Hunde eine alleinige private Hilfe überstieg. Im Jahr 2002 wurde der gemeinnützige Verein TINI – Tiere in Not Ibiza – gegründet, um leidenden Tieren auf Ibiza in größerem Umfang helfen zu können. In dem „Haus mit Herz“ bei Nowotnys wird man bei einem Besuch freudig von einem Hunderudel begrüßt. Einige scheinen anfangs etwas misstrauisch zu sein, denn sie haben Schlimmes erlebt. Sitzt man mit den Tierfreunden am Tisch auf der Terrasse, nähern sich auch die schüchternen Hunde vorsichtig und stupsen einen zart zur Begrüßung ans Bein. Die TINI-Hunde leben in dem stilvoll eingerichteten Haus mit dem Ehepaar zusammen, und auch auf dem ganzen Grundstück können sie sich frei bewegen. Sie dürfen draußen herumtollen und ein tierisches Hundeleben genießen, auf den Sonnenliegen relaxen oder es sich im Haus in einem Hundekörbchen oder auf den Hunde-Sofas gemütlich machen. Es ist schon ein ganz besonderer und spezieller Anblick, wie die schönen Möbel vor den Hundezähnen geschützt sind und die Sofas mit Überzügen versehen wurden. „Früher waren mir die Antiquitäten wichtig. Heute nicht mehr, es sind ja nur Möbel. Diese können bei Bedarf später restauriert werden – falls es mir wichtig sein sollte. Wenn ich mal über 90 Jahre alt sein werde, denke ich sicher nicht an meine Möbel, sondern ich werde mich an die bedingungslose Liebe der Tiere erinnern. All die armen Seelen, denen wir vorübergehend ein Zuhause geben konnten, haben unser Herz berührt. Dieses Gefühl und diese Liebe sind mit Geld nicht zu bezahlen, das ist ein Reichtum, der nie vergeht.“
„Hunde verdienen unseren Respekt“
Die Hunde wirken alle sehr entspannt und tollen miteinander herum. Manchmal geraten schon mal zwei Hunde lautstark aneinander, weil ein jüngeres Tier zu wild toben möchte. Es ist erstaunlich: Ein korrigierendes Wort, und es ist wieder friedlich. Durch das familiäre Zusammenleben mit Liebe und Wertschätzung, Regeln und Grenzen zeigen alle Hunde ein sehr gutes Sozialverhalten. Die Vierbeiner lernen wieder volles Vertrauen zu den Menschen.
Tierschutz ist ein Fulltime-Job
Trotz dieser ganz besonderen Harmonie von Mensch und Hund ist an Ruhe und Entspannung kaum zu denken. Der Tag beginnt morgens um sieben Uhr. Die Hunde machen ihren ersten Gassigang auf dem großen Gelände. Eine Schaufel und ein Eimer sind immer dabei, damit auch kein Häufchen irgendwo herumliegt. Alles ist sehr gepflegt. Die Hunde bekommen ein paar natürliche Leckerlis, z. B. getrocknete Fleischstückchen von Tackenberg, und nach dem eigenen Frühstück beginnt die Arbeit im Büro. Alle Anfragen werden von Frau Nowotny persönlich am Telefon oder per Mail beantwortet. Oft meldet sich auch der Tierarzt, der gerade einen Notfall in der Praxis hat und die Tierschutzorganisation um Hilfe bittet. Man arbeitet hier auf der Insel zum Glück Hand in Hand. Mittags ist Fütterungszeit, und jeder Hund bekommt seinen eigenen Napf. Es gibt Rohfütterung. Nur für die Mahlzeit werden die Hunde einen Moment angeleint, damit auch wirklich jeder nur sein eigenes – individuell abgestimmtes – Futter erhält.
Glücksmomente
Die größte Verantwortung ist jedoch, die passenden Tiereltern aus dem Kreis der Interessenten auszusuchen. Diese Aufgabe verlangt ein feines Gespür und erfordert viel Arbeit, um zu beurteilen, ob die Bedürfnisse von Mensch und Hund zusammenpassen. Es entscheidet über das zukünftige Leben, das Glück der geretteten Tiere. Im Laufe der Jahre hat Frau Nowotny ein gutes Gefühl dafür entwickelt, wie die Interessenten am Telefon auf ihre eingehenden Fragen reagieren.
Ein ehrenamtliches Team in ganz Deutschland unterstützt die Arbeit, denn vor jeder Vermittlung wird auch eine Vorkontrolle durchgeführt. Jeder Hund durchläuft bei Aufnahme von TINI e.V. und vor der Vermittlung eine Gesundheitsüberprüfung inkl. Mittelmeercheck. Das körper-liche und seelische Wohlbefinden ihrer Schützlinge ist den Tierschützern sehr wichtig. Und die neuen Tiereltern sollen die Sicherheit haben, dass sie einen wahrheitsgemäß beschriebenen vierbeinigen Liebling erhalten.
INTERVIEW mit Barbara Nowotny
„Rohfütterung ist eine Garantie für ein langes, gesundes Leben.“
Du bist Tierschützerin mit Herz, was ist deine Motivation?
Barbara Nowotny: Nachdem wir das Leid der Tiere hier entdeckt haben, beschlossen wir, unserem Ruhestand einen Sinn zu geben und zu helfen.
Bekommen die Hunde bei Ihnen Leckerlis am Tisch?
Ja, für die Hunde ist der Tisch immer ein besonderer Ort. Hin und wieder verteilen wir hier ein paar Leckerlis. Da gibt es getrocknete Fleisch- und Pansenstückchen, auch mal getrocknete Hühnerhälse usw. Es ist unsere ganz eigene Therapiemethode, um besonders Vertrauen zu den ängstlichen und traumatisierten Hunden zu gewinnen.
Du bist absolute BARF-Anhängerin, wie kam es dazu?
Zuerst fütterten wir die aufgenommenen Hunde vom Tisch. Aufgrund der steigenden Anzahl empfahl uns ein Tierarzt als Alleinfuttermittel Dosen- und Trockenfutter. Nach drei Tagen begannen unsere Schützlinge aus dem Maul zu stinken. Wir recherchierten im Internet und entdeckten für die Hauptmahlzeit die Rohfütterung. Die Firma TACKENBERG empfehlen wir nicht nur wegen der hervorragenden Qualität, sondern auch wegen der einfachen Portioniermöglichkeit speziell für kleine Hunde, denn von einem Pfund oder Kilo tiefgefrorenem Fleisch z. B. hundert Gramm abzutrennen ist für jede Hausfrau mühsam. Hunde sind die uns am ähnlichsten Haustiere, mit einem ähnlichen Immunsystem. Der Mensch würde durch alleinige Ernährung mit Konservenkost und denaturierter Nahrung krank werden. Die meisten Hunde auch, wie unsere Erfahrung zeigt. Es geht nichts über eine natürliche Ernährung!
Warum ist dir die Rohfütterung so wichtig?
Rohfütterung ist eine hohe Garantie für ein langes, gesundes Leben. Die Hunde stinken nicht aus dem Maul, sie haben keine Allergien, keine Leber- oder Nierenschäden im Alter, keine Gelenkbeschwerden, und viele andere Krankheiten entstehen gar nicht erst. Es ist die beste Voraussetzung, um von Tumoren und Krebs verschont zu bleiben.
Du sprichst von „Heilung“ durch Rohfütterung? Schilder ein Beispiel!
Alle Hunde, die mit Hautallergien zu uns kamen, wurden durch die Rohfütterung geheilt, ebenso Gelenkbeschwerden, Alterssteifheit, Nierenentzündung und Leberschäden. Wie wichtig und schnell die „Heilung durch Futter“ sein kann, haben wir bei einem speziellen Fall erfahren: Am 12. August 2009 kam „Irja“, eine Samojedenhündin, zu uns. Fast gänzlich ohne Fell. Sie erhielt bei uns sofort und ausschließlich Rohfütterung. Schon am 29. November 2009, nach nur gut drei Monaten, hatte sie bereits wieder ihr schönes volles Fell.
Sind die intensive Versorgung und die aufwendige Fütterung nicht sehr kostenintensiv?
Eine Fleischportion auftauen bereitet keine Arbeit. Der Aufwand von ein paar Minuten zur Herstellung eines kleinen Smoothies aus etwas Gemüse und Obst wird durch die hervorragende Gesundheit des Hundes belohnt und erspart überdies die Kosten für den Tierarzt. Barfen ist nicht teurer als das als hochwertig angepriesene Fertigfutter, bei dem niemand kontrollieren kann, was im Napf ist. Dass TINI weiter helfen kann, ist nur dank Spendern und Tierpaten möglich, denn ohne diese Unterstützung könnten wir diese Tierschutzarbeit nicht machen. Wir sind sehr dankbar für jede Hilfe, auch weil wir zusätzlich etliche Gnadenhofplätze für unsere Senioren haben und nicht zu vermittelnden Hunden ein Zuhause geben.
Text und Fotos Sabina Pilguj
WEITERE INFOS
www.tini-ev.de