Der Biologe John Bradshaw, Gründer und Leiter des weltweit renommierten anthrozoologischen Institutes an der Universität von Bristol in England, tut genau das. Seit über 25 Jahren gilt sein wissenschaftliches Interesse dem Verhalten von Haushunden und deren Besitzern. Was er herausfand stellt er dem breiten Publikum in seinem neuesten Werk “Hundeverstand” vor.
Vom Wolf im Schafspelz
Bradshaw konzentriert sich in seinem Werk auf das seiner Meinung nach größte Missverständnis in der Mensch-Hund-Beziehung: der Annahme, dass der Hund stets von seinem Dominanzverhalten getrieben wird, dass er seinem Halter Respekt zeugen muss – wobei einige Hundehalter und -trainer Respekt leider immer noch mit Angst verwechseln. Dieser Irrglaube, so Bradshaw, hat sich so stark in den Köpfen der Menschen gefestigt, dass sich selbst aufgeklärte Hundemenschen nicht vollkommen von diesem Gedanken freisprechen können. Denn seien wir mal ehrlich, wer kennt den Ratschlag nicht, dass der Hund niemals auf dem Sofa liegen darf, da er ansonsten versucht sei über den Dingen zu stehen? Dass ein Hund niemals vor seinem Menschen eine Tür passieren darf, da es ihm eine höhere Rangordnung signalisiere. Die Empfehlungen mögen die richtigen sein. Die Begründungen dafür sind es nicht. Dazu schildert Bradshaw interessante Beobachtungen und verweist darauf, dass der Wolf nach dem heutigen Erkenntnisstand zwar der einzige Vorfahre des Hundes ist, sich der Hund in seinem Verhalten in den zahlreichen Jahren der Domestikation jedoch stark von dem der Wölfe weg entwickelt hat. Der Hund sei längst kein “Wolf im Wohnzimmer” mehr und das veranschaulicht er mit einfachen Beispielen: “Die Auffassung, dass sich das hündische Verhalten im Vergleich zum wölfischen Verhalten kaum geändert hat, lässt sich auch nicht mit der selbstverständlichen Freundlichkeit der meisten Hunde vereinbaren.”
“Hunde sind intelligenter und gleichzeitig dümmer als wir denken.”
Vom Verständnis der Sinne
Doch es ist nicht nur das Dominanzverhalten, das John Bradshaw ins rechte Licht zu rücken versucht. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Buches ist, den Menschen dazu zu motivieren, seinen Hund als das zu nehmen, was er ist und nicht als das, was er in ihm sehen möchte. Dazu stellt Bradshaw den Hund mit all seinen Fähigkeiten aber auch Grenzen dar und liefert interessante neue Erkenntnisse. “Die neue kynologische Forschung hat aufgedeckt, dass Hunde intelligenter und gleichzeitig dümmer sind als wir denken. Sie haben z.B. dank ihrer extremen Sensibilität für unsere Körpersprache die fast verblüffende Fähigkeit zu erraten, was ihr Mensch im nächsten Moment tun wird, aber sie sind auch im Augenblick gefangen, unfähig, die Konsequenzen ihren Handelns als das anzuerkennen, was es ist, statt als das, was sie sich vorstellen, dann würden Hunde nicht nur besser verstanden, sondern auch besser behandelt.”
Liebt er mich?
Auf die unmittelbaren Fragen unseres Alltags geht John Bradshaw mit einem Kapitel wie “Liebt Ihr Hund Sie?” ein. Während Frauchen und Herrchen hierunter vermutlich klare Anzeichen für die wahre Liebe ihres Hundes erwarten, erklärt Bradshaw ausführlich das heutige wissenschaftliche Verständnis von der Gefühlswelt der Hunde und verdeutlicht, dass die Liebe, wie wir sie verstehen, bei Hunden ganz vielfältige Ausprägungen haben kann. Doch auch hier gibt der Autor Denkanstöße, wie wir unserem unter Trennungsschmerz leidenden Hund stärken und festigen können.
“Was ein Hund möchte, ist nicht einen Menschen zu dominieren, sondern ein Familienmitglied zu sein.”
So hat jedes Kapitel seine eigene Aussage, die der Leser für sich mitnehmen und das Miteinander von Mensch und Hund überdenken kann. Eines dürfte die meisten von uns beruhigen: “Die Hund-Besitzer-Bindung würde ohne Liebe niemals funktionieren”, da ist sich John Bradshaw sicher.
„Hundeverstand“ – Der Geheimtipp unter Hundemenschen
John Bradshaws “Hundeverstand” ist bei Weitem kein Trainingshandbuch. Es ist jedoch eine hervorragende Grundlage in die Gedanken- und Gefühlswelt des Hundes einzutauchen und die Vierbeiner besser verstehen zu lernen. Oder um es in Bradshaws Worten zu sagen: “Um die Welt unserer Hunde vollständig verstehen zu können, muss die Wissenschaft uns erklären, was Hunde wahrnehmen können und was nicht, was sie als angenehm empfinden und was sie ablehnen würden, wenn sie könnten.” Genau das tut John Bradshaw in seinem Buch “Hundeverstand”. Von der Fritz & Anna Redaktion erhält “Hundeverstand” von John Bradshaw eine absolute Leseempfehlung.
Für wen ist das Buch geeignet?
Alle Hundemenschen und Interessenten, die von Grund auf verstehen möchten, wie ein Hund denkt und welche fortschrittlichen Erkenntnisse die letzten 20 Jahre Forschung hervorgebracht haben. Menschen, die selbst beurteilen möchten, ob eine bestimmte Trainingsmethode der richtige Ansatz ist – unabhängig davon, ob sie von einem erfahrenen Trainer oder aus einem Trainingsbuch kommt.
Wer hat keine Freude an diesem Buch?
Menschen, die auf der Suche nach einfachen Tipps und Tricks zur Hundeerziehung sind oder sich von vielfältigen Abbildungen abholen lassen möchten.
Über den Autor
John Bradshaw
Autor von “Hundeverstand” aus dem Kynos-Verlag
Der Biologe John Bradshaw ist Gründer und Leiter des weltweit renommierten anthrozoologischen Institutes an der Universität von Bristol, England. Seit über 25 Jahren gilt sein wissenschaftliches Interesse dem Verhalten von Haushunden und deren Besitzern. Seine zahlreichen Veröffentlichungen haben nicht nur ein neues Licht darauf geworfen, zu was Hunde alles fähig sind, sondern auch dazu geführt, dass sie mit anderen Augen gesehen werden.
Titel: Hundeverstand
Autor: John Bradshaw
Verlag: Kynos Verlag
ISBN-13 : 978-3942335805